Tarifrunde 2018

Warnstreik: 450 Beschäftigte aus vier Gießereibetrieben legten zeitweise die Arbeit nieder

08.01.2018 | Der erfolgreiche Auftakt der Warnstreikbewegung 2018 in Leipzig beweist: Die Belegschaften sind bereit, für ihre Forderungen zu kämpfen.

450 Kolleginnen und Kollegen aus vier Leipziger Gießereibetrieben kamen am Montag vor dem Werk der Georg Fischer GmbH in Großzschocher zusammen. Mit der ersten Warnstreikaktion von Leipziger Belegschaften im Rahmen der diesjährigen Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie erhöhten sie den Druck auf die Arbeitgeberseite. „Mit diesem Warnstreik sind wir die Vorreiter“, sagte IG Metall-Sekretär Thomas Arnold bei der Veranstaltung, „zum einen der Leipziger Warnstreikbewegung und zum anderen als traditionelle Industrie.“ Die Gießereien waren der erste Industriezweig; die Technik, Metalle zu gießen, um daraus Werkzeuge, Maschinen oder Teile für andere Produktionsschritte herzustellen, ist Jahrtausende alt.

Die IG Metall fordert für die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in der laufenden Tarifrunde eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um 6 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten sowie einen individuellen Anspruch auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten. Das soll etwa für die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen möglich sein. Beschäftigte mit besonders schwerer Arbeit sollen in besonderen Lebenssintuationen einen Teillohnausgleich vom Arbeitgeber bekommen.

„Jeder hat Eltern, und denen geht es auch mal schlechter. Es geht hier um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, sagte Jörg Saßen bei der Warnstreikkundgebung. Er arbeitet bei der Georg Fischer GmbH in der betrieblichen Instandhaltung. Die Tarifforderungen machen für ihn ein breites Spektrum zwischen Geld und Qualitativem auf. „Wir wollen für unsere Arbeit gerecht entlohnt werden. Die Gewinne dürfen nicht nur an die Oberen gehen, sondern müssen gerecht verteilt werden“, sagte ein anderer Kollege, der zum Gießereiaktionstag vors Werktor gekommen war. Er war mit seine Meinung nicht alleine.

„Euer Einsatz heute wird den Belegschaften in den kommenden Tagen Mut machen, sich an den Warnstreiks zu beiteiligen“, sagte Thomas Arnold in seiner Rede weiter. Nach IG Metall-Angaben will die Gewerkschaft jetzt den Druck bis zur nächsten Verhandlungsrunde in Sachsen am 18. Januar Tag für Tag erhöhen.

Die Arbeitgeber hätten es nun in der Hand, „am Verhandlungstagsch zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen“, so Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig.

Die Gegenforderungen der Arbeitgeberseite, die existierenden Schichtzuschläge abzubauen, stoßen dagegen auf Kritik in den Belegschaften. „Die Kosten steigen überall, ob nun für die Miete oder für den Sprit, damit man überhaupt zur Arbeit kommen kann. Dass die dann die Schichtzuschläge streichen wollen ist ein Ding der Unmöglichkeit“, sagte ein Arbeiter von der Halberg Guss GmbH. „Schließlich wurden die über Jahrzehnte hart erkämpft“, ergänzte sein Kollege.

Die Leipziger Gießereien sind Teil der Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie. Beim Warnstreiktag wollten die Beschäftigten aber auch auf ihre besondere Situation hinweisen. Die Branche ist wie kaum eine andere von äußeren Einflüssen abhängig. Gießereien sind energieintensive Betriebe. Politische Entscheidungen im Rahmen der Energiewende oder die Preispolitik der Energiekonzerne nehmen direkt Einfluss auf die Arbeitsbedingungen vor Ort. Dazu kommen Preisstrategien von Kunden der Gießereien, die sich in nahezu jedem Bereich der Industrie finden. Wenn beispielsweise ein Automobilkonzern im Einkauf die Preise für Karosserien oder Motorteile drückt, wirkt sich das direkt auf die Kolleginnen und Kollegen vor Ort aus." Arbeit in der Gießerei ist harte Arbeit unter schweren Bedingungen; und es ist eine traditionsreiche Arbeit, wenn nicht überhaupt die älteste Industrie: Schon in der Bronzezeit haben Menschen Metalle erhitzt um daraus Werkzeuge oder Gegenstände des täglichen Lebens zu gießen." Umso wichtiger ist es, dass hier attraktive Bedingungen vorherrschen, um Nachwuchs zu werben und gut qualifizierte Belegschaften zu halten. In Leipzig arbeiten rund 2000 Menschen in Gießereien. Es handelt sich um innovative Betriebe mit motivierten Beschäftigten. Doch es fehlen Auszugbildende und qualifizierte Fachkräfte. "Die Branche muss attraktiver werden, damit Menschen dort arbeiten wollen." Allein dafür sind die Arbeitgeber gut beraten, auf die Forderungen der IG Metall nach mehr Geld und modernen Arbeitszeitmodellen einzugehen. Das ihre Beschäftigten das erwarten, zeigen sie am 8. Januar mit dem Warnstreik. jme

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