Studium

Gegen Offenbarungspflicht von kranken Studierenden - Privatsphäre in Sachsen schützen

02.05.2023 | Gründe für krankheitsbedingten Ausfall angeben? Für alle Arbeitnehmer*innen und Auszubildende ist klar: Was ich habe und warum ich mich nicht gut fühle, gehört zu meiner Privatsphäre. Ich bin nicht auskunftspflichtig. Auch die Krankenkasse und mein Arzt werden meinem Arbeitgeber keine Auskunft erteilen. ABER: In Sachsen gilt das nicht für Studierende! Das muss sich ändern!

In Sachsen sind Studierende an den Unis und auch die im Dualen Studium an der Fachhochschule sowie Berufsakademie verpflichtet, bei Prüfungsabmeldung im Krankheitsfall ihre Symptome und Diagnosen anzugeben. Der Prüfungsausschuss befindet dann darüber, ob dies zur Abmeldung ausreicht oder die Prüfung als nicht bestanden gewertet wird. Jenny Pollow, im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen der IG Metall für Studierende zuständig, meint dazu: „Studenten*innen werden unter Druck gesetzt, Gesundheitsdaten preiszugeben. Wenn zum Beispiel eine Frühschwangerschaft eine Prüfungsteilnahme nicht zulässt, muss die betroffene Studentin abwägen, ob sie einen Prüfungsversuch für den Schutz ihrer Privatsphäre aufwendet oder sie diese intime Lebenssituation offenlegt. Das muss sich ändern!“

Derzeitig wird in Sachsen das Hochschulgesetz novelliert. Studierende und Gewerkschaften haben im Rahmen eines breiten Bündnisses – Revolution Studium (revolution-studium.de) – unter anderem auf diesen Missstand hingewiesen.

Nachdem der DGB Sachsen in der Anhörung zur Novelle des Hochschulgesetzes im Landtag am 06. März 2023 gefordert hat, dass die Pflicht zur Offenlegung der Krankheitssymptome bei gesundheitsbedingten Prüfungsabmeldungen im Studium gesetzlich ausgeschlossen werden müsse, ist nun bekannt geworden, dass das Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kultur (SMWK) eine Handlungsanweisung an die sächsischen Hochschulen verschickt hat, die die Abfrage von Krankheitssymptomen der Studierenden als verpflichtend beschreibt, um eine Prüfungsunfähigkeit festzustellen. Laut des Schreibens, das dem DGB vorliegt, legt das SMWK fest, dass die Entscheidung darüber, ob eine Studentin oder ein Student eine Krankheit habe, welche zur Abmeldung von einer Prüfung berechtige, nicht bei den behandelnden Ärztinnen oder Ärzten, sondern den Mitgliedern des Prüfungsausschusses liegt.

 „Der sächsische Landtag hat jetzt die Möglichkeit, die Entscheidung über die Prüfungsunfähigkeit in die Hand der behandelnden Ärztinnen und Ärzte zu legen und sollte dies im Interesse der Studierenden tun“, so Daniela Kolbe, stellvertretende Vorsitzende DGB Sachsen. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages habe die Gesetzgebungskompetenz der Länder für Regelungen, welche die Feststellung der Krankheit allein in die Hand der Ärztinnen und Ärzte legen, eindeutig bejaht. „Mehrere Bundesländer sind bereits entsprechende Wege gegangen. Wir fordern den Sächsischen Landtag und die Staatsregierung mit großer Vehemenz auf, ebenfalls von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen“, so Kolbe weiter.

Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass Studierende bei einer Prüfungsabmeldung im Krankheitsfall ihre Symptome und Diagnosen der Hochschule gegenüber angeben müssen! Das ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Es mag sein, dass der Prüfungsausschuss nach aktueller Rechtsprechung über die Prüfungsunfähigkeit entscheiden muss – aber das sollte er nur auf Grundlage einer ärztlichen Einschätzung tun! Falls Kosten für eine solche Bescheinigung anfallen, müssen die Hochschulen diese übernehmen. Wir fordern eine Lösung, wie sie beispielsweise im Hochschulgesetz von NRW zu finden ist.

Quelle: www.igmetall-bbs.de

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