23.10.2024 | Siemens hat beschlossen, das "Fast Growing Business" mit Ladelösungen für elektrische Fahrzeuge auszugliedern, um mehr "unternehmerischen Freiraum und Agilität in einem dynamischen Markt" zu schaffen. Die Entscheidung ist nicht unumstritten, die Belegschaftsaktionäre etwa kritisieren einen neuen Fall von "Ausgliederitis".
„Als IG Metall Leipzig ist uns noch nicht bekannt, was eine Ausgliederung und eine eigene rechtliche Struktur für den Standort Böhlitz-Ehrenberg bedeuten würde“, so Steffen Reißig, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. „Wir werden als IG Metall mit den Beschäftigten für ihre Mitbestimmung und die Tarifbindung kämpfen. Klar ist, dass es eine Absicherung der Arbeitsplätze auf aktuellem Niveau geben muss. Eine unternehmerische Entscheidung darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden und damit die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit von Arbeitsplätzen gefährden. Gerade in der heutigen Zeit sollten Unternehmen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Wir bleiben dabei: Mensch vor Marge! Und wir erinnern daran, dass es wenig Sinn macht, technologisches Know-how aufzugeben und damit wenig zukunftsgerichtet zu handeln.“
Siemens eMobility entwickelt unter dem Dach der Smart Infrastructure Hard- und Software sowie Services mit einem breiten Spektrum von Ladestationen für elektrische PKW und LKW. In Deutschland arbeiten daran rund 500 Beschäftigte in Leipzig und Erlangen, weitere Standorte gibt es in unter anderem in Portugal und den Niederlanden.
Nicht ohne weiteres nachzuvollziehen bleibt, warum ein "fast growing business", das noch Ende 2023 um die holländische Heliox erweitert wurde und eindeutig einen wichtigen Zukunftsmarkt adressiert, unbedingt auf eigene Beine außerhalb der Siemens AG gestellt werden muss.
Siemens' Pressemitteilung zitiert dazu SI-CEO Matthias Rebellius, die neue Aufstellung ermögliche es, "sich auf Geschäftsfelder mit hohem Potenzial und auf strategisch relevante Regionen zu konzentrieren und dadurch die Profitabilität zu steigern” und biete “mehr Freiraum, den Fokus auf seine geschäftlichen Stärken zu legen".
Das ist sicher nicht falsch, bleibt aber dennoch unbefriedigend. “Wir für Siemens”, der Verein von Belegschaftsaktionären, weist in einer Stellungnahme auf das unbestritten schwierige Marktumfeld hin, betont vor diesem Hintergrund aber auch: “Wie so oft aber ist es nach unserer Einschätzung und Erfahrung angeraten, eben nicht kurzfristig zu reagieren, sondern die Aussichten des Geschäfts langfristig zu bewerten”, und: “Langfristiges Denken und Planen empfehlen und fordern wir auch in diesem Fall. Elektromobilität hat Zukunft und benötigt Infrastruktur. Ohne Elektromobilität wird eine Verkehrswende nicht gelingen.”
Ein entscheidender Faktor wird in diesem Zusammenhang sein, ob bzw. wie lange die eMobility am Ende im Siemens-Konzern verbleibt und ihren neu gewonnenen Freiraum dort nutzt - nicht nur, um Wachstumschancen zu nutzen, sondern auch, um einen wichtigen Beitrag zu Nachhaltigkeit und CO2-freier Mobilität zu leisten.
Quelle: www.dialog-igmetall.de