Arbeitskampf 1993

Vor 30 Jahren: Sachsenstreik im Mai 1993 „Wir verteidigen unseren Tarifvertrag!“

20.05.2023 | Am 3. Mai 1993 ab 0.00 Uhr begann der erste Arbeitskampf in der sächsischen Metall- und Elektroindustrie seit über 60 Jahren. In einem erbittert geführten Streik ging es darum den Angriff der ostdeutschen Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie sowie der Stahlindustrie auf den gültigen Flächentarifvertrag zu verhindern und dann einen Stufentarifvertrag bis 1996 zu erkämpfen.

Das Tor von Siemens Kommunikation Leipzig ist dicht.

Das Neue war, dass die Arbeitgeber einen laufenden Tarifvertrag kündigten und die vereinbarten Lohnerhöhungen nicht zahlen wollten. Der Stufentarifvertrag von 1991, der die Angleichung an die Westgrundlöhne bis 1994 bringen würde, sollte vom Tisch. Ihre Kalkül war, dass die hohen Arbeitslosenzahlen und die nicht vorhandene Streikerfahrung in ganz Ostdeutschland die Beschäftigten einschüchtern würden.

Doch das Gegenteil war der Fall. Die Belegschaften fühlten sich betrogen und wehrten sich. Die Bevölkerung solidarisierte sich mit den Metallerinnen und Metallern. Es entstand eine soziale Bewegung. Aus überwundener Angst wurde Kraft im Kampf gegen Vertragsbruch und für die Tarifautonomie in Deutschland.

Im April 1993 fanden auch in der Region Leipzig zwei  Warnstreikwellen statt. Beim 1. Warnstreik gab es im Stadtgebiet dezentrale Aktionen. So im Süden am Connewitzer Kreuz, im Osten an der Grünen Schänke, im Norden am Chaussee-Haus und im Westen auf der Kreuzung Lützner / Zschochersche Str.

Beim 2. Durchgang fand ein zentraler Warnstreik vor dem Leipziger Hauptbahnhof statt, an dem sich 10.000 (!) Menschen beteiligten. Zu dieser Zeit gab es in Leipzig noch keines der beiden großen Automobilwerke.

Am 3. Mai 1993 fiel nach überzeugender Urabstimmung der Startschuss für den ersten unbefristeten Arbeitskampf seit 1928.

Im Zuständigkeitsbereich der IG Metall Leipzig waren folgende Betriebe beteiligt:

Siemens Kommunikation Leipzig und Hagenuk Schkeuditz, nach der Ausweitung des Streiks kamen noch Mc Cain Brehmer, das Kirow-Werk und Mikrosa Leipzig dazu.

Nach einem 3-wöchigen knallharten Arbeitskampf kam es zur Tarifeinigung. Es gab wieder einen Stufentarifvertrag, der die Angleichung des Tarifniveaus der Sachsen an das ihrer bayrischen Kolleginnen und Kollegen bis zum Juli 1996 garantierte. Dieser Tarifvertrag regelte auch die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 Stunden auf 38 Stunden in zwei Schritten bis Juli 1996.

Viele Tarifleistungen, die wir heute für eine Selbstverständlichkeit halten, sind Ergebnisse von Arbeitskämpfen.

So sollten wir nie vergessen: Tarifverträge muss man erkämpfen, dann im Betrieb durchsetzen und immer wieder verteidigen!

In der anhängten Fotogalerie findet ihr ein paar Fotos und Dokumente rund um den Sachsenstreik 1993.

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