Historische Fahrradtour

Erinnerung wach halten!

19.05.2020 | Am 16. Mai veranstaltete die IG Metall Jugend Leipzig eine historische Fahrradtour durch Leipzig. Das Motto lautete „Erinnerung wach halten“. Es wurden sieben verschiedene Orte angefahren, die einen kleinen geschichtlichen Einblick zu den Themen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Antisemitismus, die Deportation in die Konzentrationslager und die Zwangsarbeit in der Leipziger Rüstungsindustrie boten.

Denkmal "Sterbender Krieger" Foto: Paulina Krimmling

Los ging es auf dem Leipziger Südfriedhof, wo sich das Denkmal „Sterbender Kämpfer“ von Walter Arnold und der Ehrenhain mit beigesetzten Leipziger Widerstandskämpfern befindet. Dort beschäftigten sich die Teilnehmer*innen mit die „Schumann-Engert-Kresse-Gruppe“, die in den Jahren 1943 und 1944 u.a. Sabotageaktionen in der Rüstungsindustrie organisierte und sich gegen die Arbeitszeitverlängerung einsetze. Alle drei Gründungsmitglieder – Georg Schuhmann, Kurt Kresse und Otto Engert – wurden im Januar 1945 zum hingerichtet.

Weiterhin befindet sich dort ein Denkmal, welches an das Massaker von Abtnaundorf - einem Außenlagers des KZ-Buchenwalt - erinnert. Dort wurden am 18. April 1945 rund 80 Gefangene von den Nationalsozialisten in eine Baracke eingesperrt und verbrannt.

 

Den nächsten Halt machte die Gruppe am Stolperstein von Richard Peukert. Er wurde am 13. Februar 1887 in Leipzig geboren, war Eisendreher, Mitglied im DMV (Vorgängerorganisation der IG Metall) sowie der SPD. Er wurde im Juli 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, weil er sich im Kino kritisch gegen den zweiten Weltkrieg äußerte. Peukert wurde am 4. September 1944 hingerichtet. Im Mai 2016 ließ die IG Metall Jugend Leipzig den Stolperstein vor der Holzhäuserstr. 36 verlegen. Dort hatte Richard Peukert seinen letzten frei gewählten Wohnort.

 

Die dritte Station war die Dresdner Str. 20. Dort stand einst das „Pantheon“, in dem am 23. Mai 1863 der Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (Vorgängerorganisation der SPD) gegründet wurde. Außerdem ist es das Geburtshaus der ältesten Gewerkschaft Deutschland. Weihnachten 1865 gründete Friedrich Wilhelm Fritzsche dort den Allgemeine Deutsche Zigarrenarbeiterverein (Vorgängerorganisation der NGG). In dem Gebäude sprachen fast alle Persönlichkeiten von Rang und Namen in der deutschen Arbeiterbewegung. August Bebel sprach dort über die Sozialpolitik, Wilhelm Liebknecht über „Antisemitismus und Sozialdemokratie“ und Clara Zetkin sprach, u.a. über „Frauen und der Militarismus“ und über „Berufsarbeit der Frau und Mutterschaft“. Mit dem Bau des Leipziger Volkshauses, das 1906 eröffnet wurde, sank die Bedeutung des „Pantheons“ als Versammlungsstätte. Heute ist nichts mehr übrig und es erinnert nur noch ein großer Findling der SPD an den einst bedeuteten Ort.

 

Dann ging es weiter zum Leipziger Hauptbahnhof. Dort gibt es seit 2012 eine Erinnerungsstätte für alle deportierten Menschen, die „während der NS-Diktatur mit Zügen der Deutschen Reichsbahn“ über das Leipziger Streckennetz in Konzentrationslager verschleppt wurden.

 

Am Mahnmal der alten Synagoge in der Gottschedstraße erinnerte die Gruppe an das jüdische Leben in Leipzig und beschäftigte sich mit Antisemitismus und dem Novemberpogrom vom 9. November 1938, in dessen Verlauf auch diese Synagoge abgebrannt wurde. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts war die jüdische Gemeinde Leipzig mit rund 13.000 Mitgliedern die sechstgrößte Deutschlands. Nach der systematischen Verfolgung und Ermordung jüdischer Menschen zwischen 1933 und 1945 waren von der einstigen Großgemeinde 24 Personen übriggeblieben. Heute ist sie mit über 1.200 Mitgliedern wieder die größte jüdische Gemeinde Sachsens.

 

Am Neuen Rathaus schauten wird uns das am 8. September 1999 eingeweihte Ehrenmal für Carl Friedrich Goerdeler an. Er war in den Jahren 1930 bis 1937 Oberbürgermeister der Stadt und am Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler beteiligt. Im August 1944 wurde er durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1945 hingerichtet.

 

Die letzte Station befand sich auf dem Leipziger Jahrtausendfeld in der Karl-Heine-Straße. Dort befand sich die Hauptfabrik der Rudolph Sack KG (Vorgängerfirma der Leipziger BBG), in den Landmaschinen hergestellt wurden. In den 1930er Jahren beteiligte sich die Rudolph Sack KG an der „Arisierung“ jüdischer Unternehmen und stellte zunehmend auf Rüstungsproduktion um. Während des Zweiten Weltkriegs wurden vor allem Gespanne, Maschinengewehr-Wagen, Kabeltrommeln, Grabenpflüge und Hülsen für Bomben und Granaten hergestellt. Für das "Ost-Ackerprogramm" wurden aber auch weiterhin Landmaschinen produziert. Die Inhaber Otto und Hans Sack, Enkel von Rudolph Sack, unterstützten die Nationalsozialisten, auch finanziell. Während des zweiten Weltkriegs wurden dort tausende Zwangsarbeiter*innen ausgebeutet.

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