16.03.2020 | Darf ich aus Angst vor Ansteckung von der Arbeit fernbleiben? Wer zahlt für eine Quarantäne? Kann der Arbeitgeber das Tragen einer Atemschutzmaske anordnen? Wir beantworten häufige Fragen und geben Tipps, wie sich die Gefahr einer Ansteckung reduzieren lässt.
Seit dem großen Ausbruch der Lungenerkrankung Covid-19 im Nachbarland Italien mit Tausenden Infizierten steigt auch die Zahl der Coronavirus-Infektionen in Deutschland stetig. Weltweit sind Zehntausende Infektionen bekannt und mehr als 3000 Menschen gestorben.
Wie ansteckend ist das Coronavirus? Wie kann man sich schützen? Und welche Rechte und Pflichten sollten Arbeitnehmer in Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kennen? Tjark Menssen, Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH, gibt Antworten.
Nein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen der Arbeit nur fernbleiben, wenn sie tatsächlich arbeitsunfähig sind. Ist das nicht der Fall, sind sie zur Arbeit verpflichtet.
Nicht in jedem Fall: Ab sofort bekommen Beschäftigte mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) bis maximal sieben Tage ausgestellt. Sie müssen dafür nicht die Arztpraxen aufsuchen. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband verständigt.
Die Regelung gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege erkrankt sind und keine schwere Symptomatik vorweisen oder Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) für einen Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 erfüllen. Diese Vereinbarung gilt ab 9. März für vier Wochen.
Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Gehaltszahlung vom Arbeitgeber während einer Quarantäne. Nur bei einer Arbeitsunfähigkeit wäre der Arbeitgeber verpflichtet, Lohnfortzahlung zu leisten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten aber eine Entschädigung in Höhe des Gehalts.
Sachlich besteht der Entschädigungsanspruch gegen die Landesbehörde, die die Quarantäne angeordnet hat. Damit aber Beschäftigte möglichst ohne Unterbrechungen Geld bekommen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit der Entschädigungszahlung in Vorleistung zu gehen – für die Dauer von höchstens sechs Wochen. Falls der Arbeitgeber nicht in Vorleistung geht, zum Beispiel, weil er sich weigert, können sich Beschäftigte mit ihrem Entschädigungsanspruch direkt an das Landesamt wenden.
Eltern müssen sich bei einer Kita- oder Schulschließung aufgrund des Coronavirus um eine alternative Betreuung für ihre Kinder kümmern. Wenn das nicht klappt, müssen sie Urlaub nehmen. Eine kurzfristig anfallende Kinderbetreuung ist ein Grund, dass der Arbeitgeber den Urlaub nicht ohne weiteres ablehnen kann. Dem Urlaubswunsch kann aber der Urlaubswunsch anderer Beschäftigter entgegenstehen, deren Kinder ebenfalls ohne Betreuung sind. Alternativ kann man den Arbeitgeber um eine Freistellung bitten, die erfolgt allerdings ohne Bezahlung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich auch an ihren Betriebsrat wenden, damit im Betrieb eine einheitliche Regelung erreicht wird.
(Hinweis: Diesen Absatz haben wir am 5. März 2020 überarbeitet.)
Überstunden können nur mit Zustimmung des Betriebsrats – und wo dieser fehlt – nur mit Zustimmung der oder des Beschäftigten angeordnet werden, wenn sich die Ableistung nicht aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Eine Pflicht zur Ableistung von Überstunden besteht ansonsten nur bei einem schwerwiegenden drohenden wirtschaftlichen Schaden, wenn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine Rücksichtnahme des Arbeitnehmers erwartet werden kann. Da Überstunden nur nach Tarifvertrag zuschlagspflichtig sind, sollte außerhalb einer Geltung des Tarifvertrags der Zuschlag gesondert vereinbart werden.
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist immer an den Grundsätzen von Treu und Glauben, das heißt auch der Verhältnismäßigkeit zu messen. Derzeit besteht keinerlei Gefährdungslage. Bei einem Verdacht auf Erkrankung besteht auch eine Notwendigkeit, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, womit sich die Frage einer Arbeit mit Maske nicht stellt. Dass ärztliches Behandlungspersonal hingegen zum Tragen von Schutzmasken verpflichtet ist, dürfte klar sein.
Eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer sollte sich generell rücksichtsvoll anderen gegenüber oder auch zum Schutz der eigenen Gesundheit verhalten. Es besteht kein Grund, einen Mundschutz zu verbieten.
Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber wegen jeder Erkrankung von der Arbeitspflicht entbinden. Bei einer ansteckenden Krankheit ergibt sich das auch aus der Fürsorgepflicht den gesunden Mitarbeitern gegenüber.
Nein. Beschäftigte sind hierzu nicht verpflichtet Auskunft zu geben.
Derzeit besteht eine solche Pflicht nicht. Er handelt aber in eigenem Interesse, mögliche Übertragungswege einzudämmen.
Nein. Beschäftigte sind nicht verpflichtet, über persönliche Umstände zu informieren.
Das Direktionsrecht darf nur im Rahmen von Treu und Glauben ausgeübt werden. In diesem Sinne darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer keiner Gesundheitsgefährdung oder sonstigen Risiken aussetzen. Ob das allerdings beim Coronavirus bereits der Fall ist, ist schwer zu beurteilen.
Allgemeine Fragen und Antworten
Es ist sehr ansteckend. Ansteckungswege sind Tröpfcheninfektionen über Husten, Niesen und Auswurf im nahen Kontakt (weniger als einem Meter) zu Infizierten. Außerdem kann das Virus mehrere Tage auf Oberflächen wie Türklinken, Aufzugknöpfen und Tastaturen von Bankautomaten überleben. Auf Plastik sind es bis zu neun Tage! Laut dem Robert-Koch-Institut gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit von einer Inkubationszeit – der Phase von der Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch – von bis zu 14 Tagen aus. Das heißt: Wer sich infiziert hat, kann zwei Wochen lang Menschen infizieren, ohne von seiner Erkrankung zu wissen.
Ob ein Paket oder Waren aus vom Coronavirus-Ausbruch betroffenen Regionen als Überträger von SARS-CoV-2 fungieren können, ist von der Dauer des Transports abhängig. Auf Pappe überlebt das Virus laut Studien bis zu fünf Tage. Wer sichergehen will, desinfiziert Pakete mit als „begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren), „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ ausgelobten Reinigungsmitteln und wäscht sich anschließend die Hände.
Hände waschen. Mehrmals täglich gründlich mit warmem Wasser und Seife, zwischen den Fingern, hoch bis zu den Handgelenken. Anschließend gut abtrocknen. Händewaschen vor allem nach der Ankunft zu Hause oder am Arbeitsplatz, nach dem Besuch der Toilette, vor den Mahlzeiten, vor und nach der Zubereitung von Speisen, vor und nach dem Kontakt mit Kranken.
In die Armbeuge oder in ein Einwegtaschentuch niesen oder husten. Taschentücher direkt entsorgen. Wer in die Hand niest oder hustet, verbreitet Krankheitserreger durch Händeschütteln oder über Türklinken.
Grüßen mit Abstand. Besser auf Handschlag oder eine Umarmung verzichten.
Achtung Schmierinfektion! Möglichst wenig ins Gesicht fassen, damit Viren nicht von den Händen an die Schleimhäute und in die Atemwege gelangen.
Das richtige Desinfektionsmittel benutzen. Wer Desinfektionsmittel für Flächen oder Hände benutzen will, sollte laut dem Robert-Koch-Institut auf die Auslobungen „begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren), „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ achten.
Abstand halten. Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen mit Erkältungssymptomen halten.
Nein. Laut dem Robert-Koch-Institut verringert das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, nicht signifikant.
Quelle: IG Metall