14.03.2024 | Am 14. März überreichte eine kleine Delegation der Streikenden einen Offenen Brief in der Botschaft der Volksrepublik China in Berlin. In dem Schreiben bitten die Streikenden den Botschafter um seine Unterstützung bei der Herstellung einer Gesprächsebene zwischen ihrem chinesischen Arbeitgeber und der IG Metall, um den Konflikt endlich lösen zu können.
Seit 128 Tagen streiken die Kolleginnen und Kollegen beim Schrott- und Recyclingunternehmen SRW metalfloat im Leipziger Land für ihren Tarifvertrag. Inzwischen hat der Arbeitskampf einen bitteren Rekord gebrochen und ist der längste Arbeitskampf, den die IG Metall jemals geführt hat.
Hintergrund:
Die IG Metall fordert gemeinsam mit den Beschäftigten 8 Prozent mehr Entgelt, eine Erhöhung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf je 1.500 Euro und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 38 Stunden. Der Arbeitgeber verweigert seit August 2023 die Fortführung der Tarifverhandlungen.
Die Kolleginnen und Kollegen bei SRW metalfloat verdienen knapp über Mindestlohn, im Schnitt im Monat rund 600 Euro weniger als Beschäftigte in vergleichbaren Betrieben der Schrott- und Recyclingbranche. Die Kolleginnen und Kollegen leisten täglich körperlich harte Arbeit. Sie sind hohem Lärm und starker Staubbelastung ausgesetzt. Und immer droht die Gefahr, beim Sortieren oder Fahren in Kontakt mit gesundheitsgefährdenden Materialien zu kommen.
Das Unternehmen SRW metalfloat in Espenhain bei Rötha gehört als 100-prozentige Tochter zur Scholz Recycling Gruppe mit Sitz in Essingen in Baden-Württemberg. Mit der Rückgewinnung von Metallen wie Kupfer, Aluminium und Eisen erwirtschaftet die Scholz Gruppe Umsätze in Milliardenhöhe. In Leipzig arbeiten die Beschäftigten an einer sehr hochwertigen Scheide- und Rückgewinnungsanlage. Ende 2016 übernahm die Chiho Environmental Group Limited die Scholz Holding GmbH. Die Chiho Environmental Group Limited ist nach eigenen Angaben Chinas größtes Schrottrecyclingunternehmen und eines der größten börsennotierten globalen Unternehmen dieser Art. Zu den Aktivitäten gehört das Recycling von Eisen- und Nichteisenmetallschrott, Altfahrzeugen, Elektronikschrott und die Herstellung von Sekundäraluminiumbarren aus Aluminiumschrott. Die Chiho Environmental Group residiert in Hongkong und ist auf den Cayman Islands registriert. Das Unternehmen unterhält in Asien, Europa und Nordamerika mehr als 200 Verarbeitungsbetriebe und Werftbetriebe.
Die Restrukturierung der Mehrheitseigner der chinesischen Muttergesellschaft von Scholz Recycling verzögert sich seit 2023. Mehrheitseigner von Chiho ist mit rund 60 Prozent wiederum die USUM Investment Group, welche zur von Jinhua Tu kontrollierten Loncin Group gehört. Loncin ist ein Zulieferer für die Automobilindustrie in Deutschland. Diese Unternehmensgruppe befindet sich seit einiger Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. Bereits vor einem Jahr stimmten Gläubiger und Insolvenzgericht einer Restrukturierung der Loncin-Gesellschaften zu. Diese sah den Einstieg der privaten Beteiligungs-gesellschaft China Partner Equity Investment Fund Management und der im Staatsbesitz befindlichen Investmentgesellschaft Chongqing Development Investment vor.
Nach 123 Tagen Streik haben die Kolleginnen und Kollegen des Windanlagenherstellers Vestas im Juni 2023 ihren erstmaligen Tarifvertrag erkämpft.
Durch die Muttergesellschaft Scholz Recycling GmbH wurde dem örtlichen Geschäftsführer der SRW bereits im August 2023 die Befugnis entzogen, Tarifverhandlungen zu führen. Der CEO der Scholz Recycling GmbH, Yongming Qin, ignoriert seitdem die Gesprächsangebote der IG Metall und verstößt unverhohlen gegen die eigenen Unternehmensregeln. Im Code of Conduct der Scholz Recycling, den CEO Qin unterzeichnet hat, steht, dass das Recht auf Tarifverhandlungen respektiert, die Bildung von Gewerkschaften anerkannt und ein offener, lösungsorientierter Umgang mit der Arbeitnehmervertretung verfolgt werde.
Der Code of Conduct von Scholz Recycling findet sich hier: https://www.scholz-recycling.com/wp-content/uploads/11.09.2023_Code_of_Conduct_SRG_DE.pdf