100. Streiktag bei SRW metalfloat

Scholz Recycling täuscht Öffentlichkeit: Tochterunternehmen SRW darf nicht verhandeln – Mutterkonzern verkündet, sie seien nicht zuständig

15.02.2024 | Inzwischen streiken die Kolleginnen und Kollegen der SRW metalfloat GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der Scholz Recycling GmbH in Espenhain bereits 100 Tage für ihre erstmalige Tarifbindung. Für heute haben sich den ganzen Tag Unterstützerinnen und Unterstützer aus Politik und Gewerkschaften angekündigt. Mittlerweile widersprechen sich die Geschäftsführer von SRW metalfloat und von Scholz Recycling in der Tarifauseinandersetzung.

Der 100. Streiktag mit viel Besuch aus der Politik - Fotos: IG Metall

100. Streiktag - Auch die Kolleginnen und Kollegen wie Bezirksleiter Dirk Schulze waren vor Ort

Thomas Müller, Geschäftsführer der SRW metalfloat, schreibt im Januar 2024 an die IG Metall Leipzig: „Folgerichtig bin ich weder bereit noch legitimiert dazu, mit Ihnen über einen Tarifvertrag zu verhandeln oder ein diesbezügliches Angebot abzugeben.“ Ein Geschäftsführer der Scholz Recycling GmbH hatte gestern gegenüber dpa gesagt, dass die Frage des Tarifabschlusses nicht zur Debatte stehe, da das Unternehmen nicht Gegenstand einer Tarifauseinandersetzung sei.

„Wir sind fassungslos, was hier für ein Theater gespielt wird“, so Michael Hecker, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig und Verhandlungsführer. „Wenn uns das Unternehmen mitteilt, es sei nicht legitimiert zu verhandeln und der Mutterkonzern sagt, dass Scholz nicht zuständig sei: Wer dann? Wir erwarten von Unternehmen, dass sie Mindestkenntnisse zum Thema Mitbestimmung und Tarifbindung besitzen. SRW hat weder eine Entgelterhöhung von 7 bis 8,5 Prozent durchgeführt, noch wurden dem Verhandlungsführer und der Tarifkommission diese Entgelterhöhung vorgeschlagen. Wir fordern den Geschäftsführer der Scholz Recycling, Yongming Qin auf, endlich mit uns zu kommunizieren. Ein Tarif-Ping-Pong ist unwürdig und bringt uns nicht weiter.“

Prof. Dr. Thorsten Schulten, wissenschaftlicher Leiter des WSI-Tarifarchivs, des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, hat inzwischen als Experte die Entgelte der Beschäftigten bei SRW wie folgt beurteilt: „Der Schrott- und Recyclingsektor ist für eine ökologisch-nachhaltige Kreislaufwirtschaft von elementarer Bedeutung. Die Beschäftigten in diesem Bereich erledigen eine anspruchsvolle Arbeit und müssen teilweise mit äußerst gefährlichen Stoffen und Substanzen hantieren. Vor diesem Hintergrund ist es ein Skandal, dass viele Beschäftigte bei SRW metalfloat mit Stundenlöhnen zwischen 13,50 und 14,00 Euro nur wenig mehr als den gesetzlichen Mindestlohn verdienen und damit kaum über die Rundenkommen, geschweige denn eine Familie ernähren können. Nach dem bundesweit geltenden Tarifvertrag für die Schrott- und Recyclingwirtschaft liegt der Einstiegslohn für Angestellte bei knapp 15 Euro, für gewerbliche Arbeitnehmer*innen sogar bei knapp 18 Euro. Außerdem gilt nach dem Tarifvertrag eine 37-Stunden-Woche, während bei SRW metalfloat nach wie vor 40 Stunden gearbeitete werden muss. Es wird Zeit, dass auch die Beschäftigten bei SRW metalfloat endlich einen Tarifvertrag erhalten, der sie an die Branchenstandards des Flächentarifvertrages heranführt.“

Die Kolleginnen und Kollegen bei SRW metalfloat leisten täglich körperlich harte Arbeit. Sie sind hohem Lärm und starker Staubbelastung ausgesetzt. Immer droht die Gefahr, beim Sortieren oder Fahren in Kontakt mit gesundheitsgefährdenden Materialien zu kommen.

Hintergrund:

Die IG Metall fordert gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von SRW metalfloat 8 Prozent mehr Entgelt, eine Erhöhung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf je 1.500 Euro und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden. Der Arbeitgeber verweigert seit August 2023 die Fortführung der Tarifverhandlungen und lehnt eine tarifliche, rechtssichere Vereinbarung der Arbeitsbedingungen ab.

Das Unternehmen SRW metalfloat in Espenhain bei Rötha gehört als 100-prozentige Tochter zur Scholz Recycling Gruppe mit Sitz in Essingen in Baden-Württemberg. Mit der Rückgewinnung von Metallen wie Kupfer, Aluminium und Eisen erwirtschaftet die Scholz Gruppe Umsätze in Milliardenhöhe. In Leipzig arbeiten die Beschäftigten an einer sehr hochwertigen Scheide- und Rückgewinnungsanlage.

Ende 2016 übernahm die Chiho Environmental Group Limited die Scholz Holding GmbH. Die Chiho Environmental Group Limited ist nach eigenen Angaben Chinas größtes Schrottrecyclingunternehmen und eines der größten börsennotierten globalen Unternehmen dieser Art.

Zu den Aktivitäten gehört das Recycling von Eisen- und Nichteisenmetallschrott, Altfahrzeugen, Elektronikschrott und die Herstellung von Sekundäraluminiumbarren aus Aluminiumschrott.

Die Chiho Environmental Group residiert in Hongkong und ist auf den Cayman Islands registriert. Das Unternehmen unterhält in Asien, Europa und Nordamerika mehr als 200 Verarbeitungsbetriebe und Werftbetriebe.

Durch die Muttergesellschaft Scholz Recycling GmbH wurde dem örtlichen Geschäftsführer der SRW bereits im August 2023 die Befugnis entzogen, Tarifverhandlungen zu führen. Der CEO der Scholz Recycling GmbH, Yongming Qin, ignoriert seitdem die Gesprächsangebote der IG Metall und verstößt unverhohlen gegen die eigenen Unternehmensregeln. Im Code of Conduct der Scholz Recycling, den CEO Qin unterzeichnet hat, steht, dass das Recht auf Tarifverhandlungen respektiert, die Bildung von Gewerkschaften anerkannt und ein offener, lösungsorientierter Umgang mit der Arbeitnehmervertretung verfolgt werde.

Der Code of Conduct von Scholz Recycling findet sich hier: https://www.scholz-recycling.com/wp-content/uploads/11.09.2023_Code_of_Conduct_SRG_DE.pdf

Unsere Social Media Kanäle