08.01.2024 | Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Die Warnstreiks im Nahverkehr sind für Beschäftigte, die auf den Zug und die S-Bahn angewiesen sind, gewiss eine Belastungsprobe. Wenn der öffentliche Verkehr bestreikt wird, muss jeder Beschäftigte selbst Vorsorge treffen, wie er zur Arbeit kommt.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ruft Lokomotivführer, Zugbegleiter, Werkstattmitarbeitende und Disponenten in allen Unternehmen sowie Fahrdienstleiter und weitere Berufsgruppen zum Warnstreik auf. Die Arbeitsniederlegung findet bundesweit vom 10. Januar, 2 Uhr, bis einschließlich 12. Januar, 18 Uhr, statt und wird den Fern-, Regional und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn (DB) massiv beeinträchtigen. Das Unternehmen hat einen Notfallfahrplan angekündigt, der auf der Internetseite der DB veröffentlich wird.
Streiks gelten als „höhere Gewalt“. Ein Streik im Nahverkehr, der die Beschäftigten daran hindert, zum Arbeitsplatz zu gelangen, ist keine Betriebsstörung. Da der Betrieb selbst nicht vom Arbeitskampf betroffen ist, finden Regelungen zum Betriebsrisiko aus den Manteltarifverträgen, keine Anwendung. Gleichwohl trägt jede und jeder Beschäftigte das sogenannte Wegerisiko. Das heißt: Grundsätzlich müssen Beschäftigte selbst dafür sorgen, dass sie pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen und dafür zumutbare Vorkehrungen treffen. Verspätungen oder Nichterscheinen geht zu ihren Lasten.
Bus, Auto, Fahrrad, Taxi oder Homeoffice
Wenn Streiks im öffentlichen Nah- und Fernverkehr angekündigt werden, müssen Beschäftigte auf andere nicht vom Streik betroffene Verkehrsmittel, wie zum Beispiel Bus, U- und Straßenbahn oder Fernbusse ausweichen oder mit dem eigenen Auto zur Arbeit fahren. Viele behelfen sich, indem sie Fahrgemeinschaften bilden. Über Portale im Internet kann man sich zu Fahrgemeinschaften zusammentun. Wer kein eigenes Auto hat, sollte prüfen, ob in Wohnortnähe die Möglichkeit des Carsharings besteht – auch hier finden sich viele Anbieter im Internet.
Unter Umständen kann auch die Benutzung eines Fahrrades oder der Fußweg sinnvoll sein, wenn die Entfernung nicht zu groß ist. Wenn alle Stricke reißen kann man zur Not auch ein Taxi rufen. Extrakosten, die dafür anfallen, werden aber vom Arbeitgeber nicht erstattet. Auch Mietwagen kommen in Frage. Besteht gar keine Alternative zum ÖPNV, bleibt nichts anderes übrig als einen Urlaubstag oder Gleitzeit zu nehmen.
Besteht die Möglichkeit des mobilen Arbeitens, dann kann die Arbeit unproblematisch jenseits des Büros erledigt werden. Betriebsräte haben bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit ein Mitbestimmungsrecht und können zum Beispiel eine Regelung verlangen, dass die herkömmlichen Anmeldefristen für mobile Arbeit verkürzt werden.
Sollte eine Verspätung unvermeidbar oder sogar ein Erscheinen am Arbeitsplatz unmöglich sein, ist hiervon der Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten. Versäumt das der Mitarbeiter, riskiert er sogar eine Abmahnung. Ob das angesichts der aktuellen Situation angebracht ist, darf aber angezweifelt werden. Wer zu spät zur Arbeit kommt, dem kann unter Umständen sogar der Lohn gekürzt werden. Oder der Arbeitnehmer muss die fehlende Zeit nacharbeiten.
Früh aus den Federn
Am Streiktag empfiehlt es sich, den Weg zur Arbeit deutlich füher als sonst anzutreten oder gegebenenfalls am Vortag anzureisen. Das Ganze muss aber in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Berufspendlerinnen und Pendler sollten genau die Medien verfolgen, um rechtzeitig informiert zu sein, wann welche Verkehrsmittel ausfallen. Eine Recherche im Internet am Morgen kann schon wertvolle Hinweise liefern, welche Verbindungen betroffen sind. Die Deutsche Bahn informiert auf ihrer Internetseite, welche Verbindungen ausfallen und welche Tickets ihre Gültigkeit behalten.
Da vermutlich viele Berufspendler auf ihr privates Fahrzeug ausweichen werden, ist damit zu rechnen, dass die Straßen entsprechend überlastet sein werden.
Ohne Arbeit kein Lohn
Kann der oder die Beschäftigte gar nicht am Arbeitsplatz erscheinen, kann der Arbeitgeber das Entgelt kürzen. Es gilt der gesetzliche Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. In der Regel besteht keine Nacharbeitspflicht.
Quelle: Vorstand der IG Metall, 8. Januar 2024