12.02.2024 | Schichtarbeit bedeutet vor allem eins: Stress für den Körper. Die Folgen können Schlafstörungen, Herz-, Kreislauf- und Magen-Darm-Erkrankungen sein. Nicht selten leiden Freizeit und Familie darunter. Wir geben Tipps, wie Betroffenen der Taktwechsel leichter fällt.
Spätschichten, Nacht- und Wochenendarbeit – in vielen Unternehmen wird mittlerweile rund um die Uhr gearbeitet. Für immer mehr Menschen gehört Schichtarbeit deshalb fest zum Alltag. Diese aber kann zu teilweise gravierenden gesundheitlichen Gefährdungen für die betroffenen Beschäftigten führen.
Jeder Mensch lebt nach einem 24-stündigen Tagesrhythmus. Wer regelmäßig abends, nachts oder am Wochenende arbeitet, bringt seine biologische Uhr durcheinander. Schichtarbeit, besonders nachts, läuft der inneren Uhr zuwider. Denn Nachtarbeitende erbringen dann Leistungen, wenn sich normalerweise Geist und Körper erholen wollen. Darin liegt ein wesentlicher Teil der Belastung bei Nacht- und Schichtarbeit. Zudem gibt es keinen Gewöhnungseffekt.
Unter Schichtarbeit leidet allerdings nicht nur die Gesundheit, sondern auch das familiäre und soziale Leben. Schicht- und Nachtarbeit bedeutet, Leben, Familie und Freizeit den Produktionszeiten unterzuordnen.
Nicht immer können Schichtarbeit oder atypischen Arbeitszeiten vermieden werden. Es gibt aber Möglichkeiten, diese Art der Arbeit gesünder zu gestalten. Unsere Ratschläge können nicht alle Nachteile der Schichtarbeit ausgleichen. Sie können jedoch helfen, mit den Problemen besser umzugehen.
Die Schichten sollten stets vorwärts wechseln. Die Menschen kommen mit Schichtarbeit besser klar, wenn nach der Frühschicht, die Spät- und anschließend die Nachtschicht folgt. Das entspricht eher dem natürlichen 24-Stunden-Rhythmus. Zudem sind die Erholungspausen von der Früh- auf die Spätschicht länger als von der Spät- auf die Frühschicht.
Besonders belastend für die Gesundheit ist es, nachts zu arbeiten. Je mehr Nachtschichten aufeinander folgen, desto stärker wird der Tag-Nacht-Rhythmus gestört und desto größer wird das Schlafdefizit. Deshalb sollten Nachtschichten früh enden, am besten zwischen 5 und 6 Uhr. Auch sollte nicht mehr als drei (besser zwei) Nachtschichten hintereinander gearbeitet werden. Das gilt auch für Früh- und Spätschicht: Schnelle Wechsel sind besser als lange Schichtfolgen.
Um Belastungen zu reduzieren, sollte keine Schicht länger als acht Stunden dauern. Generell gilt: Ein flexibler Schichtzeitbeginn ist besser als starre Anfangszeiten. Kurzfristige Änderungen vom Schichtplan sollten vermieden werde.
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Wenn nach einer Nachtschicht die Frühschicht folgt, reicht ein einziger freier Tag nicht, um das Schlafdefizit auszugleichen. Minimum sind zwei freie Tage. Unzulässig ist zudem der Rückwärtswechsel von der Spät- auf die Früh- oder von der Nacht- auf die Spätschicht. Denn hier fehlt das Minimum von elf Stunden Ruhezeit, die nach Paragraf 5 Arbeitszeitgesetz vorgeschrieben ist.
Normalerweise haben die Tarifpartner in ihren Verträgen festgelegt, welchen Ausgleich die Beschäftigten für ihre nächtlichen Arbeitsstunden erhalten. Wo es solche tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen nicht gibt, springt das Gesetz ein: Den Beschäftigten ist dann eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage zu gewähren oder ein angemessener Zuschlag auf das normale Bruttoarbeitsentgelt zu zahlen. Im Sinne des Gesundheitsschutzes sollte der Freizeitausgleich immer Vorrang haben vor einer finanziellen Abgeltung der besonderen Belastungen bei Nachtarbeit.
Prinzipiell sollte mindestens ein Abend pro Woche, zwischen Montag und Freitag, frei sein.
Jede und jeder Beschäftigte muss an mindestens 15 Sonntagen im Jahr frei haben. Und auch an Sonn- und Feiertagen gelten die Regelungen über Arbeitszeiten, Pausen und Ruhephasen. Gleiches gilt für die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume, die durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen nicht überschritten werden darf.
Schicht-Beschäftigte, das zeigen viele Umfragen, wünschen sich mehr Zeitsouveränität und Planungssicherheit im Alltag. Dass das geht, beweisen gute betriebliche Beispiele - etwa über eine selbstbestimmte Schichteinteilung der Arbeitsgruppe mit Hilfe einer Smartphone-App. Auch ausreichende Ankündigungsfristen sind notwendig, damit der Einzelne stabil seinen Alltag planen kann. Zudem sollte mindestens ein Wochenende im Monat arbeitsfrei sein, um Zeit für die Familie zu haben und Sozialkontakte zu pflegen.
Pausen sollten nicht zu weit am Anfang oder am Ende der Schicht liegen. Mehrere Kurzpausen schaffen mehr Erholung als eine oder wenige längere. Aber: Die Pausen zur Einnahme einer Mahlzeit müssen lang genug sein, um nicht überhastet essen zu müssen. Zum Einnehmen von Mahlzeiten im 3-Schichtbetrieb gibt es tarifliche Regelungen. Eine 30-minütige Pause ist spätestens nach sechs Stunden Arbeit vorgeschrieben. Wer mehr als neun Stunden am Tag arbeitet, muss mindestens eine Pause von 45 Minuten nach Paragraf 4 Arbeitszeitgesetz machen.
Wer nachts arbeitet, bringt seinen Bio-Rhythmus durcheinander. Vielen Schichtarbeitern fehlt ein erholsamer Schlaf, viele Kolleginnen und Kollegen leiden an Schlafstörungen. Die durch Nachtarbeit entgangene Ruhe kann tagsüber nicht gleichwertig nachgeholt werden. Denn tagsüber ist es lauter, die Sonne scheint, es ist wärmer und alle anderen sind wach. Folge: Die für die Erholung wichtigen Tiefschlaf- und Traumphasen sind seltener beziehungsweise weniger intensiv als beim Nachtschlaf.
Betroffene sollten deshalb Vorkehrungen treffen: So ist es ratsam, das Telefon und die Türklingel abzustellen sowie das Schlafzimmer gut zu lüften und abzudunkeln. Schlaffördernde Medikamente oder Alkohol sollten besser vermieden werden, auch Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke – besonders vor den letzten vier Stunden vor dem Zubettgehen. Feste Rituale nach der Arbeit können dem Körper signalisieren, dass gleich Schlafenszeit ist. Das kann ein bestimmtes Musikstück sein, ein Lieblingsduft oder auch ein heißes Bad.
Da Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter einen anderen Tagesrhythmus haben, muss auch zu anderen Zeiten gegessen werden. Die Betroffenen sollten mindestens drei bis fünf kleinere Mahlzeiten über die Wachphase hinweg zu sich nehmen. Empfohlen wird in der Frühschicht vormittags eine Zwischenmahlzeit und mittags eine warme Hauptmahlzeit.
Die Nachtschicht stellt eine echte Herausforderung für den Biorhythmus dar. In der Regel beginnt sie zwischen 20 und 22 Uhr und dauert bis zum nächsten Morgen. Vor Arbeitsbeginn sollten Beschäftigte in Nachtschicht eine leichte Mahlzeit und gegen Mitternacht eine Hauptmahlzeit zu sich nehmen. Zwischen 4 und 5 Uhr kann ein leichter Imbiss folgen, etwa Obst, Kompott, Joghurt, ein Butterbrot, Müsli oder eine warme Brühe. So lässt sich ein zu starkes Absinken des Blutzuckerspiegels vermeiden.
Da in der Nacht Appetit und Hunger wegen verschiedener hormoneller Mechanismen reduziert sind, benötigen die meisten Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter eigentlich keine Nahrung. Deshalb: Nur wer Hunger hat, sollte etwas essen. Die Mahlzeiten sollten leicht bekömmlich und nicht zu üppig ausfallen. So kann Übergewicht vermieden und das Risiko, an Diabetes zu erkranken, gesenkt werden.
Der Betriebsrat hat bei der Einführung und der Ausgestaltung von Schichtarbeit Mitbestimmungsrechte – unabhängig davon, ob der ganze Betrieb Schicht arbeitet oder nur einzelne Betriebsteile. Er kann auch bei den Pausen, den Schichtübergabezeiten, der Bezahlung dieser Zeiten und bei der Personalbemessung Einfluss nehmen. In den meisten Unternehmen schließen die Betriebsräte Betriebsvereinbarungen zur Schichtarbeit ab. Darin werden die Details geregelt. Auch bei Schichtarbeit gilt das, was die IG Metall bei anderen Themen rät: Wer ein Problem hat, sollte mit seinem zuständigen Betriebsrat sprechen.
Quelle: www.igmetall.de