17.08.2023 | Neue Aufgaben, neue Herausforderungen: Wer in die Berufsausbildung startet, steht an der Schwelle zu einem neuen, spannenden Lebensabschnitt – und gleichzeitig vor einem großen Berg von Fragen. Wir beantworten die wichtigsten davon.
Das wichtigste Schriftstück ist Dein Ausbildungsvertrag. Folgende Punkte sollte er mindestens enthalten:
Dauer der Probezeit
Außerdem musst Du Deinem Ausbildungsunternehmen zu Beginn Deine Steueridentifikationsnummer mitteilen. Sofern sie Dir nicht vorliegt, kannst Du sie bei Deinem zuständigen Finanzamt erfragen. Zudem bekommst Du von der Deutschen Rentenversicherung Deine Sozialversicherungsnummer zugesendet. Die Versicherungsnummer wird einmalig vergeben und bleibt ein Leben lang gültig. Sie beinhaltet unter anderem das Geburtsdatum, aus welchem sich der spätere Rentenbeginn ableitet. Der Sozialversicherungsausweis ist ebenso sorgfältig zu behandeln wie der Personalausweis. Bei jedem Beschäftigungsbeginn oder wenn eine Sozialleistung (zum Beispiel Arbeitslosengeld) beantragt wird, benötigt man diesen Ausweis zum Nachweis der persönlichen Versicherungsnummer. Darüber hinaus braucht die Personalabteilung Deine Krankenversicherung und die Daten Deines Girokontos.
Das Berufsbildungsgesetz legt fest: Die Probezeit muss mindestens einen und darf maximal vier Monate dauern. In dieser Zeit sollen sich Arbeitgeber und Azubi gegenseitig kennenlernen. So kannst Du überprüfen, ob Du den für Dich richtigen Beruf gewählt hast. Während der Probezeit kannst sowohl Du als Azubi als auch der Betrieb von heute auf morgen und ohne Begründung das Ausbildungsverhältnis kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
Die Kündigung von Auszubildenden ist schwierig und laut Berufsbildungsgesetz nur aus „einem wichtigen Grund“ möglich, etwa bei schwerem Diebstahl oder wenn Du häufig unentschuldigt fehlst. Nach Bekanntwerden des „wichtigen Grundes“ muss Dein Chef innerhalb von zwei Wochen schriftlich kündigen, danach ist eine Kündigung unwirksam.
Lass Dich in Deiner Ausbildung nicht auf Überstunden ein. Wer eine Ausbildung macht, ist ausschließlich für den Zweck beschäftigt, einen Beruf zu erlernen. Dazu reicht die tägliche Ausbildungszeit völlig aus. Ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, müssen diese immer dem Ausbildungszweck dienen. Das heißt, ein Ausbilder muss anwesend sein und Ausbildung muss stattfinden. Der Arbeitgeber muss Überstunden mit Mehrarbeitszuschlag auszahlen oder mit entsprechendem Zeitzuschlag durch Freizeit ausgleichen.
Im Ausbildungsvertrag steht, wie viel Urlaubstage es pro Jahr gibt. Unsere Tarifverträge sehen bis auf wenige Ausnahmen 30 Tage Urlaub vor. Der Jahresurlaub ist im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, davon muss Dir der Arbeitgeber mindestens zwei Wochen am Stück gewähren. Wir raten, den Urlaubsantrag frühzeitig schriftlich zu stellen. Darauf muss der Arbeitgeber innerhalb eines Monats reagieren.
Nein. Alle Arbeitsmittel, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, müssen Dir vom Ausbildungsbetrieb kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe. Das gilt auch für die persönliche Schutzausrüstung, wie zum Beispiel bei Sicherheitsschuhen.
Die Höhe Deiner Ausbildungsvergütung richtet sich nach der Branche des Unternehmens, in der Du Deine Ausbildung absolvierst. Die Ausbildungsvergütung ist in Tarifverträgen vereinbart. Wie hoch sie in den einzelnen Branchen ist – etwa bei Metall, Elektro, Eisen und Stahl, Textil, Bekleidung, Holz und Kunststoff, erfährst Du in unserem Tarifinfo. Ist der Betrieb nicht tarifgebunden, muss die Vergütung angemessen sein. In dem Fall gilt der Branchentarifvertrag als Richtwert. Azubis in einer normalen dualen Ausbildung haben Anspruch auf mindestens 80 Prozent der üblichen tariflichen Vergütung, in einer überbetrieblichen Ausbildung auf mindestens 55 Prozent.
Wenn das Geld nicht reicht, können Auszubildende bei der Arbeitsagentur eine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beantragen. Bist Du jünger als 25 Jahre und in einer Ausbildung, dann erhalten Deine Eltern außerdem weiterhin Kindergeld. Wenn Du nicht mehr zuhause wohnst, kannst Du Dir das Kindergeld von ihnen auszahlen lassen. Weitere Infos findest Du hier.
Nein. Wenn Du krank wirst, musst Du das vor Dienstbeginn im Betrieb melden und sagen, wie lange Du vermutlich ausfällst. Bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, muss Du eine ärztliche Bescheinigung spätestens am darauffolgenden Arbeitstag einreichen. Der Arbeitgeber kann von Dir verlangen, die Krankmeldung bereits ab dem ersten Tag vorzulegen.
Achtung: Seit Anfang 2023 gibt es nicht mehr den sogenannten gelben Schein, sondern die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Der Arzt übermittelt die Daten zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch an die Krankenkasse. Versicherte erhalten auf Wunsch ihre Ausfertigung digital oder von ihrem Arzt als Ausdruck. Wenn Du gesetzlich Krankenversichert bist, musst Du die Krankmeldung nicht mehr einreichen, aber dem Arbeitgeber umgehend melden, damit er die Daten bei Deiner Krankenkasse abrufen kann.
Wirst Du am Berufsschultag krank, musst Du trotzdem den Arbeitgeber und zusätzlich die Berufsschule informieren. Am besten fragst Du Deinen Lehrer, wie das bei Euch in der Berufsschule mit einer Krankmeldung läuft. Über die Krankmeldung musst Du, wie gesagt, auch den Arbeitgeber informieren, damit er die eAU bei der Krankenkasse abrufen kann. Es ist ratsam, auch in der Berufsschule eine Kopie der eAU vorzulegen – besonders, wenn Du wegen Krankheit Klausuren verpasst hast.
Häufig kommt es vor, dass gerade Auszubildende Aufgaben bekommen, die nicht dem Ausbildungsinhalt des Berufs entsprechen. Diese „Aufgaben“ nennt man ausbildungsfremde Tätigkeiten. Welche Tätigkeiten dazugehören, lässt sich jedoch nicht immer genau festlegen. Beispielsweise sind in der kaufmännischen Ausbildung Ablage- und Kopierarbeiten auch Bestandteile der Ausbildung. Wenn diese Tätigkeiten jedoch dominieren oder gar ausschließlich vom Auszubildenden erledigt werden, dienen sie nicht mehr dem Ausbildungszweck und können als ausbildungsfremde Tätigkeiten eingestuft werden. Sie sind verboten, denn Auszubildende sollen nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden.
Welche Tätigkeiten genau vorgeschrieben sind, steht im jeweiligen Ausbildungsrahmenplan – das Auto des Chefs waschen oder ständig Botengänge erledigen, gehört aber definitiv nicht dazu. Ausbildungsrahmenpläne zu sämtlichen Berufen findest Du auf der Internetseite des Bundesinstituts für Berufsbildung.
Deine Ausbildung im Betrieb sollte zeitlich und inhaltlich gut strukturiert sein. Zu diesem Zweck stellt der Ausbilder einen Ausbildungsplan auf, den Du zu Beginn ausgehändigt bekommst. Er stellt sicher, dass Du alle Inhalte und Tätigkeiten lernst, die für Deinen Beruf notwendig und wichtig sind. Wenn Du ständig ausbildungsfremde Tätigkeiten aufgebrummt bekommst, ist das nicht zulässig. In diesem Fall solltest Du Dich an Deine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) im Betrieb oder an Deinen Betriebsrat wenden. Auch Überstunden, die nicht dem Zweck der Ausbildung dienen – und die womöglich nicht einmal vergütet werden oder durch Freizeit ausgeglichen werden können – sind verboten. Auch hier gilt: JAV, Betriebsrat oder Deine zuständige IG Metall vor Ort ansprechen und weitere Schritte klären. Mehr Kriterien für eine gute Ausbildung findest Du in der Checkliste Ausbildungsqualität.
Ja, der Unterricht in der Berufsschule ist ein wichtiger Bestandteil Deiner betrieblichen Ausbildung. In der Regel ist er ist für alle Azubis verpflichtend. Er findet entweder im Block oder in Teilzeit statt. Dein Arbeitgeber muss Dich für diese Zeit bezahlt freistellen. Außerdem müssen Dir alle Ausbildungsmittel, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wie die Schulzeit genau geregelt ist, erfährst Du im Ratgeber Berufsschule.
Seit 2012 haben Azubis, die IG Metall-Mitglied sind, nach erfolgreicher Ausbildung grundsätzlich einen tariflichen Anspruch auf unbefristete Übernahme. Das haben wir in der Metall- und Elektrobranche, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Holz- und Kunststoffbranche sowie in vielen Handwerksbereichen durchgesetzt. Hier muss der Betriebsrat gemeinsam mit dem Arbeitgeber den Personalbedarf feststellen und planen, wie viele Ausgelernte in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Wenn nach dieser Personalbedarfsplanung feststeht, dass eine unbefristete Übernahme möglich ist, besteht ein Anspruch darauf. Auch wenn der Betrieb über Bedarf ausbildet, haben Ausgelernte einen Anspruch darauf, mindestens für ein Jahr beschäftigt zu werden – es sei denn, Betriebsrat und Arbeitgeber haben dazu etwas anderes vereinbart.
Auszubildende können kündigen oder einen Aufhebungsvertrag vereinbaren und ihre Ausbildung in einem anderen Unternehmen fortsetzen. Du solltest aber erst dann kündigen, wenn Du einen neuen Betrieb gefunden hast, der Dich übernimmt. Wenn der Arbeitgeber mit Deinem Weggang nicht einverstanden ist, brauchst Du einen gravierenden Grund für eine fristlose Kündigung.
Mit einer Abmahnung signalisiert der Ausbilder dem Azubi, dass er mit dessen Leistung oder Verhalten nicht zufrieden ist. Einer Kündigung müssen mindestens zwei Abmahnungen vorausgehen. Wir raten, den Inhalt der Abmahnung genau zu prüfen und eine Gegendarstellung zu verfassen, falls sie unberechtigt ist. Auf alle Fälle solltest Du den Betriebsrat oder die IG Metall vor Ort einschalten.
Deine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) im Betrieb, der Betriebsrat und die IG Metall helfen Dir gerne weiter. Sprich sie bei Fragen oder Problemen in Deiner Ausbildung einfach direkt an! Sie haben viele Einflussmöglichkeiten und sind wichtige Ansprechpartner für alle Beschäftigten. Betriebsräte und Gewerkschaften haben beim Thema Ausbildung ein Wörtchen mitzureden – das regelt das Betriebsverfassungsgesetz.
Kurzarbeit für Auszubildende gibt es in der Regel nicht. Der Betrieb muss Dich auch bei Kurzarbeit weiter ausbilden. Ausbildung kann auch unabhängig von der tatsächlichen Auslastung der Betriebe durchgeführt werden. Der Ausbildungsbetrieb hat nach Paragraf 14 Berufsbildungsgesetz eine Pflicht Dich auszubilden. Das heißt, dass der Ausbildungsbetrieb alle Mittel ausschöpfen muss, um Deine Ausbildung durch Umstellung des Ausbildungsplans, durch theoretische Wissensvermittlung von Lerninhalten oder Homeoffice für eine beschränkte Zeit weiter zu gewährleisten.
Wenn der Ausbildungsbetrieb Dich nach Hause schickt, verzichtet er auf Deine Ausbildungsleistung bzw. Deine Arbeitskraft. Eine Berechnung von Minusstunden ist in diesem Fall nicht rechtens. Die Ausbildungsvergütung muss weitergezahlt werden, wenn die Ausbildung aus Gründen, für die Du nichts kannst, ausfällt, obwohl Du bereitstehen würdest.
Quelle: www.igmetall.de